Face­book: Deut­sche Pres­se­rech­te auf uns nicht anwend­bar

Jean-Marie Cava­da, Vor­sit­zen­der der fran­zö­si­schen Ver­wer­tungs­ge­sell­schaft DVP, und ehe­ma­li­ger Abge­ord­ne­ter im Euro­pa-Par­la­ment, sieht wider­sprüch­li­ches Ver­hal­ten von Meta/Facebook: in Frank­reich zah­len und in Deutsch­land Anwend­bar­keit des Rechts ableh­nen – das ist bewusst rechts­wid­rig

Pres­se­mit­tei­lung
Ber­lin, 11.04.2022

Das Unter­neh­men Meta, zu dem das welt­weit größ­te Sozia­le Netz­werk Face­book gehört, lehnt bereits die Anwen­dung des Pres­se­leis­tungs­schutz­rech­tes ab. Dem­entspre­chend sei eine Zah­lung an Ver­la­ge für die Nut­zung von Pres­se­inhal­ten nicht mög­lich. Corint Media hat­te Meta seit Sep­tem­ber 2021 wie­der­holt Ver­hand­lun­gen über einen Lizenz­ver­trag bzw. eine Inte­rims­ver­ein­ba­rung ange­bo­ten. Damit soll­te zumin­dest die rechts­wid­ri­ge Nut­zung der seit Juni 2021 gel­ten­den Pres­se­leis­tungs­schutz­rech­te durch Face­book und ande­re Meta-Diens­te been­det wer­den.

Dazu erklär­te Meta nun, das Recht sei auf sei­ne Diens­te nicht anwend­bar, da nach eige­ner Ansicht „von den Nut­zern ein­ge­stell­te Inhal­te ent­we­der vom Schutz aus­ge­nom­men sind oder durch die von den jewei­li­gen Rech­te­inha­bern erteil­ten Geneh­mi­gun­gen abge­deckt sind“. Und wei­ter: „We have been unable to veri­fy the basis for the claims you are making.”

Die­ser Stand­punkt ist über­ra­schend. Zum einen sind alle Argu­men­te im Gesetz­ge­bungs­ver­fah­ren ange­spro­chen wor­den. Zum ande­ren hat Meta nach lang­wie­ri­gen Aus­ein­an­der­set­zun­gen und hohem öffent­li­chen Druck in Frank­reich bereits Zah­lun­gen für die Nut­zung von Pres­se­inhal­ten geleis­tet. Das Unter­neh­men einig­te sich im Okto­ber 2021 mit der Ver­le­ger­or­ga­ni­sa­ti­on Alli­ance de la Pres­se auf Zah­lun­gen an Pres­se­ver­le­ger aus­drück­lich für die Rech­te­nut­zun­gen in sei­nem Dienst Face­book.

Dazu Jean-Marie Cava­da, Vor­sit­zen­der der fran­zö­si­schen Ver­wer­tungs­ge­sell­schaft Socié­té des Droits Voi­sins de la Pres­se (DVP) und ehe­ma­li­ger stell­ver­tre­ten­der Vor­sit­zen­der des Rechts­aus­schus­ses im Euro­päi­schen Par­la­ment:Ich freue mich, dass Face­book in Frank­reich damit begon­nen hat, die Pres­se zu ver­gü­ten und zwar unab­hän­gig davon, ob die Inhal­te von den Rech­te­inha­bern, den Pres­se­ver­le­gern selbst oder von Drit­ten hoch­ge­la­den wer­den. Nun erfah­re ich, dass Face­book in Deutsch­land auf völ­lig wider­sprüch­li­che Wei­se erklärt hat, dass in Deutsch­land die Nut­zung von Inhal­ten unter den­sel­ben Bedin­gun­gen wie in Frank­reich kei­ne Ver­pflich­tung und kei­ne Ver­gü­tung für die Ver­le­ger aus­lö­sen wür­de. Die­se Posi­ti­on ist nicht nur wider­sprüch­lich, son­dern auch con­tra legem und wider­spricht Wort­laut, Bedeu­tung und Geist der Arti­kel 15 wie auch Arti­kel 17 der EU-Urhe­ber­rechts­richt­li­nie. Das Ver­hal­ten von Face­book wider­spricht dem Geset­zes­text, den wir als Euro­päi­sches Par­la­ment ver­ab­schie­det haben und der in Deutsch­land unter den­sel­ben Bedin­gun­gen wie in Frank­reich umge­setzt wor­den ist.

Die Behaup­tung Metas, Pres­se­inhal­te nicht zu nut­zen, wider­spricht ganz offen­sicht­lich auch deut­schem Recht. Danach fällt Meta unter die Defi­ni­ti­on eines „Diens­te­an­bie­ters“ (§ 2 Abs. 1 UrhDaG). Hier­in wird klar­ge­stellt, dass Meta selbst geschütz­te Inhal­te nutzt, auch wenn die­se von Usern auf Face­book hoch­ge­la­den wer­den (§ 1 Abs. 1 UrhDaG).

Mar­kus Run­de und Chris­toph Schwennicke, Geschäfts­füh­rer Corint Media:Die kla­re Rechts­la­ge wird schlicht igno­riert. Die Absicht ist recht ein­deu­tig, über­fäl­li­ge Zah­lun­gen an die Pres­se­ver­le­ger zu ver­mei­den. Es ist aber weder für die Ver­le­ger als Rech­te­inha­ber noch für den gewal­ten­tei­li­gen Staat hin­nehm­bar, dass sich Face­book seit fast einem Jahr der gel­ten­den Rechts­ord­nung ent­zieht. Der deut­sche Gesetz­ge­ber hat das Pres­se­leis­tungs­schutz­recht geschaf­fen und für anwend­bar auf Face­book erklärt, um die freie Pres­se finan­zier­bar zu hal­ten und einen Aus­gleich her­zu­stel­len für die Nut­zun­gen auf­wän­dig und kost­spie­lig erstell­ter Pres­se­inhal­te, vor allem auch durch markt­be­herr­schen­de Platt­for­men. Nun ist dem Recht zur Durch­set­zung zu ver­hel­fen, auch mit den neu geschaf­fe­nen Mit­teln des Kar­tell­rechts. Wir erwar­ten für die Pres­se nicht mehr und nicht weni­ger als Rechts­an­wen­dung.

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